© Sara Winter, shutterstock

Reiseführer
Niederländische Küste

Die Niederländische Nordseeküste ist mehr als 350 km lang, wobei sie fast durchgängig von Sandstränden flankiert wird. Hinter den Deichen wechseln sich historische Städtchen und lebendige Metropolen in dichter Folge ab. In Kombination mit einer perfekten Infrastruktur für Urlaub und Alltag bürgt dies für eine in dieser Form weltweit einzigartige Ferienregion.

Ans Meer

Die Luft ist schon jetzt spürbar salzig, und es weht eine angenehme Brise. Nun wirfst du die Strandtasche über die Schulter und nimmst die letzten Treppenstufen bis zum Scheitel der Düne in Angriff. Endlich siehst du das Meer. Genauer gesagt: die Nordsee, die sich gerne ein bisschen launisch gibt, die auch in der warmen Jahreszeit Wellen produziert, die nur selten über 20 Grad warm wird und die gerade dadurch ein Garant für Sommerfrische ist. In den Niederlanden zeigt sich die Nordsee von ihrer besten Seite: Von Cadzand, das de facto ein Anhängsel des flämischen Festlands ist, über die dünn besiedelte Provinz Zeeland bis hinauf nach Den Helder und zu den Wattenmeerinseln breiten sich feine Sandstrände aus. Fast überall gehen diese in Dünenlandschaften über, die eine sehr effektive Trennlinie markieren zwischen dem Ort, wo du die schönsten Stunden des Jahres verbringst, und dem Hinterland, dessen Entwicklung kaum irgendwo so ausgeprägt ist, wie in den fortschrittlichen, erfindungsfreudigen und dicht besiedelten Niederlanden.

Schlemmen im Strandpavillon 

Gut, der Wind mag manchmal kräftig sein, aber du bist ja auch nicht in der Südsee. Mach es wie die Einheimischen, die ein Schutzsegel einpacken, wenn sie zum Strand gehen. Oder sich gleich auf die rundumverglasten Terrassen eines Strandpavillons setzen, die noch vor wenigen Jahren zur billigen Abfütterung dienten, mittlerweile aber zum kulinarischen Kulturgut aufgestiegen sind. Wo du auch gut mal einen halben Tag verbummeln kannst. Mit bitterballen und einem pilsje, immer häufiger aber auch mit frischem Seefood, Craft Beer und anständigem Wein.

Geschichte

  • 1568–1648

    80-jähriger Krieg gegen Spanien unter Wilhelm I.

  • 1579

    Gründung der Utrechter Union, innere Trennung der Niederlande

  • 1581

    Unabhängigkeitserklärung der nördlichen Provinzen

  • Seit 1814

    Königreich der Niederlande. 1830 Aufstand/Abfall Belgiens

  • 1863

    Als eines der letzten Länder Europas schaffen die Niederlande die Sklaverei ab

  • 1932

    Abschlussdeich ist vollendet: Die Zuiderzee wird IJsselmeer

  • 1940–45

    Zweiter Weltkrieg. Die Niederlande werden von Deutschland besetzt

  • 1953

    Sturmflut in Zeeland. Start des Deltaprojekts zur Absicherung der Küste

  • 1975

    Unabhängigkeit der Kolonie Surinam

  • 1997

    Einweihung des Sturmflutwehrs bei Rotterdam

  • 2013

    Willem-Alexander wird König

  • 2022

    Teils gewaltsame Bauernproteste gegen den angeordneten Abbau der Landwirtschaft

Grachten und Giebel 

Das aber ist nur der Anfang, hinter den Dünen gehen die Freuden unvermindert weiter: Die niederländische Küste ist seit vielen Jahrhunderten besiedelt – und die vielen kleinen Städtchen im Hinterland haben sich seitdem wenig verändert. Sei es das einst stolze Middelburg auf der Halbinsel Walcheren, das ehrwürdige Zierikzee auf Schouwe-Duivenland oder das früher geschäftige Hoorn am IJsselmeer, überall ist die Geschichte der Seefahrer- und Handelsnation greifbar. Besonders hier an der einstigen Zuiderzee lebt in Marken, Volendam und Monnickendam ein scheinbar längst vergessener Teil niederländischer Geschichte weiter – mit kleinen Grachten, herausgeputzten Giebelhäusern und verwinkelten Gassen, die ein Gesamtensemble ergeben, das jedem noch so zivilisationsmüden Auge schmeichelt. Doch auch einer der größten europäischen Ballungsräume touchiert die Küstenlinie. Die Niederländer haben dem Trapez zwischen Utrecht, Amsterdam, Haarlem, Den Haag und Rotterdam den Namen Randstad verpasst. Dessen Existenz steigert die Attraktivität eines Urlaubs an der Nordsee nur noch mehr. Das wird nirgendwo greifbarer als in Den Haag, das für sich beanspruchen darf, die einzige europäische Großstadt mit gleich zwei Seebädern zu sein: dem familienfreundlichen Kijkduin und dem betriebsamen Scheveningen.

Tatendrang und Fortschrittsglaube 

Der Regierungssitz hat sich zu einer weltgewandten Metropole mit vielen guten Restaurants und hübschen Geschäften gewandelt, deren rasant wachsende Skyline in schrillem Kontrast zu den urholländischen Straßen der Innenstadt steht. Noch ausgeprägter ist der Fortschrittsglaube in Rotterdam. Die Bewohner der Hafenstadt halten sich nicht lange mit Planungen auf. Nein, hier werden Ideen gleich in die Tat umgesetzt: Würfelförmige Behausungen wie die Kubuswoningen oder die umwerfende Markthalle verleihen der Stadt seither eine Aufbruchstimmung, die kreative Menschen geradezu anzieht. Versteht sich von selbst, dass solche Bewohner Besuchern gegenüber freundlich und aufgeschlossen sind. Auch Delft, Leiden und Haarlem sind Teil der Randstad – und obwohl die Städte deutlich kleiner sind, ist ihr authentischer Charme Anlass genug für einen ausgedehnten Ausflug während des Urlaubs an der Küste. Eine willkommene Überleitung zu einem weiteren Vorteil der Region: die geografischen Abstände, die an der Küste gering sind. Egal, ob du nun in Zeeland oder Noord-Holland bist, überall sind attraktive Städte, Themenparks und Sehenswürdigkeiten wie Tulpenfelder im Rahmen eines Tagesausflugs erreichbar. Und nicht selten bieten sich der Nahverkehr oder gar das Fahrrad als Alternative zum Auto an.

Allein auf der Insel

Große Ausnahme vom geschäftigen Treiben sind die fünf Wattenmeerinseln vor der Niederländischen Küste. Schon bei der Überfahrt nach Texel, Vlieland, Terschelling, Ameland und Schiermonnikoog kommt ein Gefühl der Abgeschiedenheit auf, das den Erholungsprozess unmittelbar in Gang setzt. Hier sind Brise und Brandung vielleicht noch ein wenig ungestümer. Der perfekte Ort, um buchstäblich Abstand zum Alltag zu gewinnen, Geist, Seele wie Körper auf Hängemattenmodus zu schalten.

Karte wird geladen...