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Reiseführer
Loire-Tal

Diese Pracht lässt keinen kalt: 365 Kamine, unzählige Türmchen und 426 Räume. Das mächtige Schloss von Chambord steht als Symbol für den ungeheuren Reichtum, den Fürsten, Herzöge und Könige in Mittelalter und Renaissance in das Tal der Loire brachten.

Ein Paradies für Müssiggänger

Die Loire, Frankreichs größter Strom und Europas letzter wilder, im Unterlauf ab Roanne noch nicht von Staustufen und Kanälen gebändigter Fluss, bietet heute noch den Stoff, aus dem Träume gemacht werden. Zwischen Sully und Chalonnes gehört die Loire zum Unesco-Welterbe. Das Tal der Loire und die Ufer ihrer Seitenflüsse wie Cher, Indre, Loir, Sarthe und Vienne sind voller kleiner Kostbarkeiten, die sich aber nur den Reisenden erschließen, die Muße und Neugier mitbringen: das Frühstück in einem kleinen Café mit Blick auf die Loire, die in der Morgensonne funkelt. Das einfache, durch ein Glas Wein aus Chinon oder Vouvray geadelte Mittagessen in einem Dorfrestaurant. Der Spaziergang durch die Wälder der Sologne mit ihren Teichen, über die sich melancholisch stimmender Nebel ausbreitet. Der Sonnenuntergang, der die mächtige Fassade des Schlosses von Amboise hoch über dem Fluss in warme Farben taucht. Oder das opulente Abendmahl, das den Romanfiguren Gargantua und Pantagruel des Dichters François Rabelais (1494–1553) alle Ehre macht. Das sind Momente, in denen dir klar wird, warum Herzöge, Fürsten und Könige diese Landschaft zur Spielwiese ihrer Verschwendungssucht gemacht haben. Selbst wenn das moderne Frankreich mit seinen Einkaufszentren und den Hochhaussiedlungen in den Außenbezirken der großen Städte hässliche Spuren hinterlassen hat, sind Orléans, Tours, Blois oder Angers für ihre Lebensqualität im ganzen Land bekannt und berühmt. Bei allem Schwung, den Universitäten und Hightechunternehmen in die Region gebracht haben: Hektik hat im Loire-Tal keine Chance.

Ein Mal König sein

Die Fahrt durch das Loire-Tal wird zum Rausch für Kulturreisende: Nach fast jeder Straßenbiegung fällt der Blick auf ein weiteres Schloss oder Schlösschen. Und jedes Gebäude birgt seine eigene Geschichte: Intrigen, Tragödien, Komödien und ausschweifende Feste. Die heutigen Besitzer der Schlösser und Herrensitze – viele sind weiter in Privatbesitz – haben es schwerer: Die Gebäude müssen erhalten werden. Und so machen sie aus der Not mit dem Erbe der Vorfahren eine Tugend. Nach dem Motto „Ein Tourist bedeutet einen neuen Schieferziegel“ öffnen sich viele Schlösser für die breite Öffentlichkeit. Bis zur Französischen Revolution war es undenkbar, dass das „gemeine Volk“ Quartier in fürstlichen Gemächern nahm, heute richten die Nachfahren Fremdenzimmer ein, chambres d’hôtes, und laden die Gäste an ihre Tafel.

Geschichte

  • Um 450 v. Chr.

    Kelten lassen sich im Loire-Tal nieder

  • 58–52 v. Chr.

    Julius Cäsar schlägt im gallischen Krieg die Keltenstämme der Ander und Karnuter an der Loire

  • 1337–1453

    Zwischen Frankreich und England tobt der sogenannte Hundertjährige Krieg. Jeanne d’Arc befreit 1429 Orléans von der britischen Belagerung

  • 16.Jh.

    Reformator Calvin kommt nach Orléans; Religionskriege toben, blutige Niederschlagung der reformatorischen Verschwörung von Amboise 1560

  • 1940

    Im 2.Weltkrieg wird Tours für 3 Tage französische Hauptstadt

  • 2000

    Das Flusstal zwischen Sullysur-Loire und Chalonnes-sur-Loire wird Unesco-Welterbe

  • 2012

    Der Radwanderweg La Loire à Vélo von Saint-Nazaire nach Nevers mit vielen Nebenstrecken ist nach zehn Jahren Bauzeit vollständig befahrbar

  • 2017

    Das Schloss von Chenonceau wird ins Unesco-Welterbe Loire-Tal aufgenommen

  • 2022

    Dürre: Fotos der zum Teil ausgetrockneten Loire gehen um die Welt 

Frag die Locals

Auch wenn die Klagen der klassischen Hotelgastronomie lauter werden, es gibt kaum eine bessere Art, Land und Leute kennen zu lernen als am Esstisch mit Gastgebern, die ihre Umgebung kennen und schätzen. Denn bei den Einheimischen liegt der Schlüssel, dieses Land der fließenden Wasser zu erobern. Sie wissen, welches die schönsten Abschnitte auf dem Radwanderweg La Loire à Vélo sind. Der Parcours ist nämlich nicht nur bei Touristen beliebt, sondern wird auch von den Einheimischen viel und gerne befahren. Denn sie kennen die Weinbauern, die konsequent auf biologischen Anbau setzen, und Winzer, deren Weine es mit den besten Tropfen der Welt aufnehmen können. Sie zeigen dir die Wege, die von den schnurgeraden Straßen der Sologne hinein in die geheimnisvollen Wälder führen. Sie sagen dir auch, wo du den besten Ziegenkäse zwischen den Weinbergen von Sancerre findest und erklären dir den Weg durchs Unterholz, von dem du den schönsten Blick auf Paradeschlösser wie Chenonceau erhaschen kannst.

Lebensraum für bedrohte Tierarten

Bürgerproteste verhinderten in den 1990er-Jahren, dass der Loire-Unterlauf mit riesigen Staudämmen gegen Hochwasser abgesichert wurde. Dafür ist das Flusstal mit seinen 1000 Inseln und Überschwemmungsgebieten ein Refugium für viele Tierarten geworden, die anderswo in Europa längst ausgerottet sind. Inzwischen sind sogar wieder Lachse und Aale östlich von Angers aufgetaucht, und Biber bauen ihre Staudämme im Flusslauf. Kormorane und Fischreiher haben ihr Domizil an den über 3000 Teichen der Sologne gefunden. Die europäische Sumpfschildkröte ist das Symbol für den regionalen Naturpark der Brenne im Süden der Touraine. Rund 100 000 Exemplare leben im Land der tausend Teiche, in dem seit dem Mittelalter Fische wie Karpfen gezüchtet werden. Im Naturpark nisten gefährdete Vogelarten, in den Wäldern, die Privatleute für die Jagd nutzen, leben Hirsche, Rehe und Wildschweine in großer Zahl.

Kurzum

An der Loire bekommst du Natur und Kultur satt! Was braucht es mehr für einen gelungenen Urlaub? Auf geht’s!

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